Volltext: Die Nürnberger Reformation und das Recht der Reichsstädte Dinkelsbühl und Rothenburg ob der Tauber

ratsgüter „bepfiß, nußung und nießung“ lebenslänglich, und zwar aud dann, 
wenn er [id wieder verheiratet. Die Kinder muß er {tandesgemäß unterhalten, 
er muß fie ordentlidH erzieben und ihnen zur gegebenen Zeit die Ausfteuer ge: 
währen. 
Stirbt dagegen der Mann vor der Frau, fo verbleibt diejer alles, was fie 
in die Ehe brachte, durch Erbgang oder auf andere Weije erwarb und ferner das: 
jenige, was gegebenenfalls im Ehevertrag vorgefehen. Will die Frau „in un- 
berendertem Wittibjtand bey den Kindern fiken bleiben”, jo mag fie das Vater 
gut der Kinder inventarifieren, als Bormund verwalten und zu ibrem und der 
Kinder Vorteil gebrauchen und nußnießen. Sie Toll jedoch beim Oberften Bor- 
mundamt um Beivrdnung einiger Mitvormünder nachfjuchen. Dabei verbleibt 
der Srau die freie Berfügungsmacht über ibr Heiratsgut und ihr fonftiges Eigen- 
tum. Will fih die Mutter aber wieder verheiraten „oder fonft nit länger bey 
den Kindern figen bleiben“, fo hat fie das Vatergut abzutreten und den Kindern 
oder deren Vormündern das Heiratsgut und was fie fonjt laut Ehevertrag zu 
beanfpruchen haben, auszubändigen. Sodann ift fie jeder weiteren Verpflichtung 
entboben. 
Sind in den eben gejchilderten Fällen feine Kinder oder Kindesfinder vor- 
handen, Jo gebührt dem überlebenden Ebegatten die Hälfte der Hinterlaljen: 
Ichaft des Berftorbenen, die andere Hälfte defjen Eltern und Gelchwiltern nebft 
deren Nachkommen. Sind feine Erben der leßtgenannten Art vorhanden, jo er- 
hält der überlebende Ehegatte drei Viertel der Erbidhaft, ein Biertel fällt auf 
die Nächftverwandten der Seitenlinie, doch hat eriterer hieran fein Leben lang 
„den beyfig und genieß“. 
Stirbt in unverdingter Ebe, d.h. bei geleßlidem Güterftande ein Ehegatte 
ohne Tejtament und find aus der Ehe Kinder vorhanden, dann erbt der diber- 
lebende die Hälfte der Hinterlaffenichaft, die andere Hälfte Fällt den „abfteigen- 
den Erben“, d.h. den Kindern und Kindeskindern, zu. Doch au an diejer 
Hälfte {teht dem Überlebenden Elternteil „deyfiß, nußung und nieBung“ zu, fo- 
[ange er im ‚Wittibftand‘ bleibt und mit den Kindern zufammenlebt. Verheiratet 
lich der überlebende Elternteil wieder oder trennt er fi fonft von den Kindern, 
dann hat er den Kindern oder deren Vormund die ihnen gebührende Hälfte völlig 
abzutreten. Er ift dann jeder Sorge für die Kinder ledig. 
Sft eine unverdingte Ehe ohne Kinder geblieben, jo beerbt der überlebende 
Ehegatte den verftorbenen mit drei Vierteln feiner Habe, das weitere Viertel 
erben die Eltern und Gejhwifter des Erblaffers nebft ihren Rindern. Sind jolche 
Erben nicht vorhanden, fo ift der überlebende zu fünf Sechfteln berufen, zu einem 
Sechftel die Verwandten der Seitenklinie des Erblaffers. Auch an diejem Sechitel 
bat der Mberlebende lebenslang „beyfig und genieß“. Die deutidHrechtlihe Ein- 
richtung des Beifiges als lebenslängliches oder zeitlidh begrenztes Nußungsrecht 
am Gefamtgut ift demnach in der Reformation weitgehend berüdfichtigt. 
Es ift denfbar, daß jemand aus zweiter Che feine Kinder hat, während aus 
erfter Che folde heroorgegangen find. Dann bekommt im Erbfalle der über- 
lebende Gatte der zweiten Ehe fein 3zugebrachtes Heiratsgut, erbt jedoch im üb- 
rigen zu gleiden Teilen neben den Kindern und Enteln aus eriter Ehe, die letz- 
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