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einer rasch sinkenden, geistigen Produktivitaͤt an—
gefuͤhrt werden. Mit offenbarer Enttaͤuschung
wenden wir uns von ihnen ab: „Der Blick des
Forschers fand nicht selten mehr, als er zu finden
wuͤnschte.“ Was die Schloßherrin von Seyssenegg,
die jugendfrische Clio des Isterstrandes versprochen
hat, vermochte die alternde Bewohnerin Nuͤrnbergs
nicht zu halten. Mit den Sonetten hat sie auf
einmal ihre ganze dichterische Kraft erschoͤpft. Aus
dem kuͤhnen Slug, den sie so stolz begann, ist gar
bald ein Ikarussturz geworden. So gleicht ihre
Dichtung einem ploͤtzlich mit aller Macht hervor—
brechenden Seuer, hoch auflodernd und leuchtend,
ebenso rasch aber zusammengesunken und erloschen.
Nur sehr selten glimmt in ihren spaͤteren Werken
ein schwacher Funke als letztes Zeichen der einstigen
hellen Slammenpracht. Wuͤrden uns die Sonette
allein erhalten sein, die anderen Arbeiten aber
das moͤglicherweise unverdiente Geschick der
„Adler-Grotte“ geteilt haben, so muͤßten wir
Catharina Regina und ihrem echten lyrischen
Talent naͤchst Sleming den Ehrenplatz in der
Geschichte der deutschen Dichtung des siebzehnten
Jahrhunderts anweisen. Es ist zum Teil ihre
eigene Schuld, zum Teil das Zusammentreffen
einer ganzen Reihe von widrigen Umstaͤnden,
welche eine solche Rechtfertigung verhindern.
Unverkuͤmmert und urspruͤnglich erscheint ihre
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