halten, in grofsen Momenten des Reichslebens die wittels-
bachische Dynastie zu vertreten. Er erschien in Berlin, den
Kaiser zu dessen 80. Geburtstag zu beglückwünschen, in
Köln, als der imponierende Bau des Doms, vor Jahrhunderten
begonnen, nun im neuen Reich, in seiner einheitlichen Gröfse
gleichsam ein Abbild desselben, vollendet ward, auf der Höhe
des Niederwalds, als vor den Augen der Bundesfürsten und
des versammelten Volkes die Verkörperung des deutschen
Volksgeistes selbst in seiner Kraft und seinem Idealismus, die
herrliche Gestalt der Germania, zum erstenmal sich enthüllte.
Unermüdlich, aber wohl mit immer wachsender Sorge
kam der Prinz diesen Pflichten nach. Ihm am wenigsten
konnte verborgen bleiben, dafs sich Ereignisse vorbereiteten
von verhängnisvoller Schwere. In der Einsamkeit des Königs
war der Dämon des Wahnes geboren, der immer mehr diesen
hohen Geist umdüsterte und diesen starken Willen lähmte:
Es kam der Augenblick, wo sich die verantwortlichen Räte
der Krone und vor allem des Königs Stellvertreter vor die
{olgenschwerste Entscheidung gestellt sahen. In klarer Er-
kenntnis seiner Pflicht und in dem beruhigenden Bewufstsein
derselben, wenn schon mit schwerem Herzen, that Luitpold,
was die Umstände erheischten.
Am 10. Juni 1886 übernahm er die Verwesung des Regentschaft
Königreichs Bayern für König Ludwig ILI., um schon vier 1886.
Tage später Regent an Stelle des gleichfalls erkrankten
Königs Otto zu sein. Jäh war die Katastrophe hereinge-
brochen: am 13. Juni hatte der unglückliche König in den
Fluten des Starnberger Sees seinen Tod gefunden — es war
der vierte König, den Luitpold ins Grab sinken sah. Er
selbst stand in dem Alter, in dem Tausende ihre Lebens-
arbeit abschliefsen und sich zu ruhigem Genufs ihrer letzten
Tage rüsten, und nun wurde auf seine Schultern erst die
ganze Bürde einer Regierung gelegt, die sich unter den ge-
waltigsten Erschütterungen einführte! Aber obwohl auch
seinerseits tief gebeugt von dem tragischen Geschick des
königlichen Neffen — er kannte kein Schwanken. Hier rief
die Pflicht. Die Söhne Ludwigs I. hatten gelernt, gegen
alles, was Selbstsucht hiefs, anzukämpfen und Luitpold vor