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bezeugen eben die Wertschätzung des deutschen
Volkes. Die Schuld ist abgetragen, denn, gleichwie
der Dichter vor dreihundert Jahren zum Volke ge—
sSprochen, so spricht er heute wieder zu uns, seine
Dichtungen sind unser Gemeingut geworden, und er
darf nicht befürchten, jemals wieder in Vergessenheit
gerathen zu können.
PEs Kann eben desshalb, weil das Leben und die
Phüätigkeit des Dichters von Fachmännern schon ge-
nügend gezeichnet wurde, nicht die Aufgabe dieses
Buehleins sein, die äusseren Lebensverbältnisse des
Jans Sachs hier darzustellen, vielmehr sollen hier die
öBeziehungen des Meisters zur Stadt Wien nochmals
uind zwar im Zusammenhbange seiner sonstigen litera-
rischen Thätigkeit dargelegt werden.
Hans Sachs ist bekanntlich zu Nürnberg am
5. November 1494 geboren; sein Vater, welcher das
Schneiderhandwerk ausübte, liess ihn in Nürnberg die
Schule besuchen, wo er Grammatik, Rhetorik, Musik,
Logik, Arithmétik und Astronomie erlernte; bis zum
Jahre 1511 verweilte er dortselbst, um welche Zeit
or bei einem pürnberger Schuhmacher in die Lehre
trat. zwei Jahre darauf verliess er die Stadt, um sich
auf die Wanderschaft zu begeben. Er nennt die Städte
selbst alle, die er besucht hat; es sind Orte in Fran-
ken, Baiern und den Rheingegenden, auch nach Ober-
dossterreich, Salzburg und Tirol ist er gekommen; von
Mien spricht er nicht. Nach der Wanderschaft kehrte
er nach Nürnberg zurück, wo er im Jahre 1519 Kune—
gund, die Tochter des Peter Kreuzer zu Wendelstein
ehelichte, mit welcher er bis zum Jabre 1560, ihrem