l. Die Gemälde der Südwand des grofsen
Rathaussaals.
Erläuterung zu S. I9,
Der Dürersche Entwurf, im Besitz des Sir J. C. Robinson,
wurde von dem Kunsthistoriker Max. J. Friedländer entdeckt
und im Jahrbuch der kgl. preufsischen Kunstsammlungen Bd. 16
S. 240 veröffentlicht. Friedländer ist der Meinung, Dürer habe
ihn für das Haus des gastfreien Genuesen Tomaso Bombelli bei
seinem Aufenthalt in Antwerpen im Jahre 1521 angefertigt und
beruft sich dafür auf die Stelle in Dürers Tagebuch: „Ich hab?
dem Tomasin eine Visierung gemacht mit halben Färblein, dar-
nach er sein Haus wird malen lassen.‘ Der Irrtum ist ver-
zeihlich, da die Handzeichnung gleichfalls eine „reizvolle
Kolorierung‘“ zeigt und aus dem Jahre 1521 stammt. Die
Vergleichung des Entwurfs mit der Südwand des Rathaussaals
läfst aber keinen Zweifel, dafs er für diesen bestimmt war.
Aufser den oben schon angeführten wenigen Resten ist von der
ganzen Bemalung nach Dürers Entwurf nichts mehr zu sehen.
Gerade diese Seite des Saals, welche allem Anscheine nach am
meisten unter den Unbilden der Zeit gelitten hatte, erhielt im
Jahre 1613 ganz neue dekorative Malereien, Anstelle des reichen
dekorativen Schmuckes mit Astwerkumrahmung der Fenster,
Laubgewinden, Weingeranke und Kränzen, worin kleinere
reizende Bilder, .wie der seine Jungen mit dem eigenen Herzblut
tränkende Pelikan, ein die Flöte blasender Pan und ein seine
Jungen säugendes Panweibchen sich abheben, sind Architektur-
dekorationen mit Füllungen von Engelsfiguren und Kranz-
gewinden getreten. Die Umrahmungen der Medaillons, ganz im
Barockstile gehalten, stehen auf der Architektur auf, darunter
sind die erklärenden Tafeln angebracht, deren Schrift der
Kanzlist Hieronymus Braun 1613 durch Patronen, welche Jobst
Weigel geschnitten, „mit schönen wohlformierten, schwarzen
Buchstaben an die weifse Wand gar zierlich‘‘ malte. Auch
diese Tafeln waren wohl eine Zuthat des Jahres 1613: Dürers
Entwurf läfst keine Tafeln zu.
Was die Medaillonbilder anlangt, so verwendet Dürer in
seinem Teilentwurf — er hat darin nur für 3 Fenster, beziehungs-
weise 3 Fensterpfeiler Zeichnungen geliefert — Stoffe, in welchen
die Übermacht des Weibes dem Manne gegenüber in historischen
Beispielen zum Ausdruck kommt; im ersten Bethsabe und David,
jene in einem Wässerlein sich badend, dieser in königlicher