lernte K. H. in den ersten Tagen seines Aufenthaltes in
Nürnberg, d. i. im Monat Juni 1828 kennen, hatte jedoch
erst vom August jenes Jahres an Gelegenheit, ihn genauer
zu beobachten. Dies geschah von dieser Zeit an in fast
täglichen Besuchen und in stetem Verkehr mit seinem
damaligen Pflegevater Professor Daumer, bis mir im
Dezember 1829, kurz nachdem aus Veranlassung des statt-
gehabten Mordversuches die Untersuchung in die Hände
des Kgl. Kreis- und Stadtgerichts Nürnberg gekommen
war, die Vormundschaft über ihn übertragen wurde. In
dessen Folge nahm ich ihn im Mai 1830 zu mir ins Haus,
wo er auch bis zum November 1831 verblieb, so lange
nämlich, als noch sein Aufenthalt in Nürnberg und damit
auch meine Vormundschaft dauerte. Ich habe deshalb die
Entwicklung dieses merkwürdigen Menschen von der Zeit
seiner geistigen Geburt bis zu demjenigen Zeitpunkte genau
zu beobachten Gelegenheit gehabt, von welchem an die
Charakterentwicklung desselben wohl keine bedeutenden
Fortschritte mehr machen konnte, d. i. nämlich bis zu
der Zeit, in welcher er in moralischer und gemütlicher
Hinsicht einem jungen Menschen von 18 bis 20 Jahren
glich, wiewohl er in geistiger Hinsicht damals nicht weiter
zu sein schien als ein Knabe von 13 bis 14 Jahren ...“
Im Gegensatz zu vielen anderen ‚,‚Pflegevätern‘‘ und
Bekannten Hausers hat von Tucher die Beobachtungen,
die er an seinem Mündel machte, nicht in der Hauserzeit
(in den dreißiger Jahren des vor. Jahrh.) veröffentlicht”).
Wohl aber liegen zahlreiche Bekundungen von ihm in
den Akten vor. Interessant sind unter diesen Akten-
*) Einen Aufsatz von Tuchers über Beobachtungen, die er im
Jahre 1828 an Hauser machte, hat Daumer in seinem Hauserbuch
1873 S. 117 ff. abgedruckt (vergl. meine Augenzeugenberichte I S. 17).
Y
13 Bartning, Kaspar Hauser