Neuntes Blatt.
Ansicht des fünfeckigen Thurms und der Burg
von der Nordost -Seite.,
Nachdem wir zum Burgthor wieder hinausgegangen sind, betreten wir die Chaussee, welche vom Vest-
ner- zum Laufer- Thore führt, ein Weg, der von den alten Mauern und Thürmen auf der einen und
den Gartenwohnungen auf der andern Seite eng eingeschlossen ist. Die eigentliche Kaiserburg tritt
zurück, ebenso ist das Vestner-Thor durch die mit ihrer scharfen Kante weit hervorspringende Boa-
stei verdeckt; dagegen nehmen die andern Gebäude unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, Der fünf
eckige Thurm, auf Felsen gegründet, unten von fast unbehauenen Werkstücken, oben von Backstei-
nen, gewährt einen malerischen Anblick. Von ihm geht die Sage, dafs er unter dem Kaiser Nero
durch römische Soldaten erbaut worden sey. Der obere Theil des Thurmes ist, nachdem er bei der
Einnahme der Stadt im Jahre 1105 abgebrochen worden war, mit Backsteinen ergänzt. An ihn
schlofs sich die äufserste östliche Burghut an, und er hatte zwischen sich und dem Thurme Lug in’s
Land eine besondere Wohnung der Burggrafen. Der letztgenannte Thurm entspricht durch seine
schlanke, feste Bauart und die vier Eckthürmchen, welche ihn kröneh, ganz seinem Namen, nach wel-
chem er die eigentliche Warte gegen herannahende Feinde war. Er ist im Jahre 1367 auf einem der
Brauneck’schen Burghut früher zugehörigen Thurmstücke mit Erlaubnifs des Kaisers erbaut worden, zu-
nächst um die Zollern’sche Burg daraus zu übersehen. Jetzt dient der Thurm zu einem Polizei-Ge-
fängnisse. Die neben ihm stehende Wohnung des Burggrafen Friedrich (nachherigen Kurfürsten von
Brandenburg) wurde in einer Fehde zwischen ihm und dem bayerischen Herzog Ludwig dem Bär-
tigen, durch dessen Pfleger in Lauf, Christoph von Leininger, im Jahre 1426 abgebrannt; 1427
wurde sie von dem Burggrafen der Stadt mit verkauft und von derselben gar abgebrochen. Im Jahre
1494 wurde dann das Kornhaus hingebaut, das durch die vielen Böden seines grofsen Daches seinen
Zweck beurkundet; das Erdgeschofs diente zu einer Stallung und gab dem Gebäude den Namen Kai
serstallung; sie wird sowohl für durchziehendes Militär, als auch für die Anwesenheit der König-
lichen Herrschaften benützt.