Volltext: Die neue Zeit

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Während er sich dann mit dem Meister oder 
dem Fabrikherrn eingehend beriet, saß Annele bei 
den Arbeiterinnen oder bei den Lehrlingen und 
ließ sich erzählen von ihrem Leben in den gemein— 
samen Arbeitsräumen und in ihren engen Dach— 
stuben zu Hause. Diese Welt schien ihr so wunder— 
bar und so ganz, ganz anders als die eigene des 
Vaterhauses. 
Und Anne verstand es, gut zuzuhören. Sie 
wurde gut Freund mit den Leuten, die in ihrer 
plumpen Gutmütigkeit ganz geschwätzig wurden. 
Annele hörte nun freilich allerlei, was sie noch 
nicht begriff, aber auch das Unverstandene blieb in 
ihrem Köpflein haften, und oft erschloß ihr ein 
Wort aus Mutters oder Vaters Munde dunkle 
Begriffe. 
So ward sie im Lauf der Zeiten reifer und in 
vielen Dingen wissender als ihre Brüder und ent— 
fremdete sich mehr und mehr ihren Altersgenossfinnen. 
Ihr zärtlicher Sinn begann eine leidenschaftliche 
Färbung zu bekommen, und sie begann sich mit 
heißer Liebe an ihren Vater zu klammern. 
Rottmann pflegte sich auch auf den Spazier—⸗ 
gängen nicht zu den Kindern herabzubeugen, 
sondern er versuchte es, sie heraufzuziehen zu seiner 
Welt. Dann strengte Annele ihren kleinen Kopf an, 
dem Vater zu folgen, um ihn für die kurze Zeit 
ganz festzuhalten, da er fie an der Hand führte. 
Eine Menge Fragen füllten Herz und Sinn der 
nun Zwölfjährigen. Aber sie wagte nicht recht, sie 
auszusprechen. Vielleicht hätte auch die Mutter 
antworten können, aber die Mutter hätte gewiß 
ein erstauntes Gesicht gemacht. Da schwieg sie 
denn lieber.
	        
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